+++ Diese Ankündigung richtet sich an Medien- und Pressevertreter*innen, Politiker*innen, Mitarbeiter*innen der Wohnungslosen- und Wohnungsnotfallhilfe und den Sozialverwaltungen sowie an wohnungslosigkeitserfahrene Menschen und alle Menschen, die an diesem Thema Interesse haben +++ Die Nachricht darf gerne weiter gegeben, weiter verbreitet oder an anderer Stelle veröffentlicht werden +++
"Jetzt reden wir!" am "Tag der Wohnungslosen"
Einladung zum öffentlichen Medien/Pressegespräch
Donnerstag 11.09.2025, 12:00 Uhr, Berlin Mitte - Haus der Demokratie und Menschenrechte - Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Die Zahl wohnungsloser Menschen nimmt beständig zu, ebenso die verübte Gewalt gegenüber obdachlosen Menschen auf den Straßen. Soziale Angebote werden gekürzt, soziale Leistungen in Frage gestellt zugunsten von kriegsvorbereitenden Maßnahmen.
Sechs Menschen, die aktuell obdachlos bzw. wohnungslos sind oder waren, berichten aus ihrer Perspektive und beschreiben, was aus ihrer Sicht passieren sollte.
- Manja (Heimbach/ Frauen*Salon) Thema: Sichtbarkeit von wohnungslosen Frauen*
- Daniel (Berlin/ Berliner Bündnis gemeinsam gegen Obdachlosigkeit) Thema: Die Situation in Notunterkünften
- Janina (Berlin/ Wohnungslosen_Stiftung) Thema: Willkür im Hilfesystem (Helfergewalt)
- Michael (Berlin/ Union für Obdachlosenrechte) Thema: Gewalt auf der Straße
- Tomi (Berlin/ Queer*Home) Thema: Queere Menschen ohne Wohnung
- Samara (Leipzig) Thema: obdachlose Jugendliche / Careleaver
Im Anschluss an die kurzen Statements gibt es die Möglichkeit zu Nachfragen aller Art sowie zu Einzelgesprächen.
Ab 11:00 Uhr Einlass, Kaffee und Getränke, ab 13:30 Uhr Mittagessen.
Auf der Veranstaltung ist kein Platz für Menschen, die rassistische, menschenfeindliche oder nationalistische Auffassungen vertreten oder verbreiten.
Eine Veranstaltung der Wohnunglosen_Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Frauen*Salon, dem Bündnis gemeinsam gegen Obdachlosigkeit, der Union für Obdachlosenrechte, Queer*Home, dem Armutsnetzwerk e.V., der Eberhard Schultz Stiftung für Soziale Menschenrechte und dem Haus für Demokratie und Menschenrechte.
Stellungnahme zum Presse/Mediengespräch
Jetzt reden wir!
Erfahrungen und Forderungen
wohnungsloser Menschen an die Gesellschaft
Vorbemerkung
Zum Tag der Wohnungslosen am 11.09.2025 kamen auf Einladung der Wohnungslosen_Stiftung ca. 30 wohnungslosigkeitserfahrene Menschen aus ganz Deutschland angereist und haben am Vortag folgende Punkte erarbeitet. Die Sammlung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Wir sind Menschen wie alle anderen auch. Vor uns muss niemand Angst haben. Alle Menschen sind gleich. Daraus leiten wir ab:
Begegnungen
Wir wünschen und beanspruchen Begegnungen auf Augenhöhe und erbitten, dass uns zugehört wird - wir ernst genommen werden. Sprecht mit uns statt über uns. Stoppt die Vertreibung, die Stigmatisierung und die Helfergewalt. Fragt uns, was wir brauchen und zwingt uns Eure Hilfe nicht auf.
Wir wünschen uns eine Gesellschaft mit mehr Menschlichkeit Achtsamkeit, gegenseitiger Hilfe und Unterstützung. Wir wünschen uns mehr Beteiligung und Aufmerksamkeit und Solidarität. Hört auf, arme und obdachlose und bettelnde Menschen zu beleidigen und zu entwürdigen. Redet mit uns und nicht über uns.
Schaut auf unsere Fähigkeiten und fokussiert Euch nicht auf unsere „Defizite“. Wünschenswert wäre eine niederschwellige Ausbildung von uns Erfahrungsexpert*innen [Peers] und anderen Menschen, die sich für wohnungslose Menschen engagieren möchten.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Nie wieder ist jetzt.
Gerechtigkeit schaffen - bezahlbarer Wohnraum – belastbare Sozialsysteme
Die Antwort auf Wohnungslosigkeit ist immer eine eigene bezahlbare Wohnung (oder selbstbestimmte alternative Wohnform)!
Deshalb fordern wir einen sozialen Wohnungsbau insbesondere für gemeinnützige, soziale, gemeinschaftliche Bauvorhaben, zum Beispiel Baugenossenschaften und Wohnungssyndikate. Soziale Vermieter sollen unterstützt werden - keine Profite mit der Miete. Eine Wohnung ist kein Aktienpaket.
Wohnungslose Menschen brauchen Priorität auf dem Wohnungsmarkt. Statt extrem teure, menschenunwürdige zwangsgemeinschaftliche Massennotunterkünfte und Wohnheime, bei denen Menschen oft lebenslang wohnungslos bleiben, benötigen wir Wohnungen, z.B. „Housing First“ und geschützte Marktsegmente. Vereinfachte Tauschmöglichkeit von kleinen zu großen Wohnungen und die Zulassung von Wohnungen als Tausch würden dazu beitragen, den Wohnungsmarkt zu entlasten.
Prävention
Das beste Mittel gegen Wohnungslosigkeit ist, Wohnungslosigkeit erst gar nicht entstehen zu lassen. Keine Zwangsräumungen in Notunterkünfte, bezahlbare Mieten, faire Löhne, Leerstand bekämpfen und funktionierende Sozialsysteme sind dabei wichtig.
Fast alle wohnungslosen Menschen haben die Erfahrung gemacht, dass die sozialen Sicherungssysteme nicht gut oder gar nicht funktionieren.
Eine Aufzählung würde hier den Rahmen sprengen, aber Stichworte sind: Bürgergeld reicht jetzt schon nicht aus, Sanktionen bringen nichts, Behördenwillkür, P-Konto, Kontozugang ist erschwert, digitale Teilhabe ist oft nicht möglich, sinnlose Gängelung ….
Infrastruktur in Städten und im ländlichen Raum
Wohnungslose Menschen sind gezwungen, im öffentlichen Raum klar zu kommen. Deshalb müssen Städte und Kommunen ein Mindestmaß an Infrastruktur zur Verfügung stellen. Dazu zählen wir ein Recht auf Stadt, Recht auf Land und Recht auf Leben. Konkret benötigen wir einen kostenfreien Nahverkehr, gute Verkehrsanbindungen, keine Kriminalisierung von „Beförderungserschleichung“, keine menschenfeindliche Architektur, kostenfreie öffentliche Toiletten (Notdurft darf nicht verweigert werden), kostenlose Schließfächer, Schutzräume und Angebote gegen zu große Hitze und Kälte, kostenfreie Trinkwasserstellen, kostenlose Hotspots etc ….
Wir benötigen Mobilität. Das Deutschlandticket sollte monatlich, ohne Abo und in bar und ohne Schufa-Auskunft erhältlich sein.
Hört auf mit der Vertreibung und Verdrängung wohnungsloser Menschen, schafft eine Aufenthaltsqualität in der Stadt und im ländlichen Raum. Eine eigene Wohnung bietet den bestmöglichen Schutzraum. Überall sehen wir Leerstand.
Selbstbestimmte und geschützte Räume
Benötigt werden mehr und sichere Schutzräume 24/7 sowie sichere Wohnungen für ganz unterschiedliche Teilgruppen. Insbesondere denken wir (intersektional) an Frauen, queere Menschen, Alleinerziehende, Jugendliche, Familien, Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderungen, Menschen mit Tieren, Männer und andere Schutzbedürftige und gesellschaftlich ausgegrenzte Menschen
Alternative Wohnformen
zum Beispiel „Berber-Dörfer“, Wagenburgen oder Safe-Spaces, geschützte Räume von Menschen, die draußen sind, und selbstverwaltete Strukturen sollten unterstützt werden.
Sofortmaßnahmen
Wir haben viele Vorschläge für Sofortmaßnahmen, mit denen die Situation wohnungsloser Menschen sofort verbessert werden können, zum Beispiel:
- Schrebergartensiedlungen müssen zu Wohnzwecken genutzt werden können ohne den Status zu verlieren.
- Leerstehende Immobilien könnten für Initiativen wohnungsloser Menschen sofort geöffnet werden.
- Bürohäuser könnten mit einfachen Mitteln sofort zu Wohnungen umgebaut werden.
Berlin, 11.09.2025
www.wohnungslosenstiftung.org
Gerne weisen wir bei dieser Gelegenheit auf die Kundgebung vom Berliner Bündnis Gemeinsam gegen Obdachlosigkeit um 18:00 Uhr am Berliner Alexanderplatz hin.