housing human right tent 0Guten Tag,

die aktuelle Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und FDP hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Forderung obdach- und wohnungsloser Menschen aufgenommen, Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen.

Im Koalitionsvertrag heißt es wörtlich:

"Wir setzen uns zum Ziel, bis 2030 Obdach- und Wohnungslosigkeit zu überwinden und legen einen Nationalen Aktionsplan dafür auf."

https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/1f422c60505b6a88f8f3b3b5b8720bd4/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1

Nicht über uns ohne uns

Nun haben wir die Bundestagsabgeordnete Caren Lay (Die Linke) gebeten, für uns nachzufragen, inwieweit wohnungslose Menschen bei der Erstellung und Umsetzung des Nationalen Aktionsplans beteiligt sind.

Die wenig überraschende Antwort aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen ist: Dies ist nicht der Fall.

Wörtlich heißt es:

Die konstituierende Sitzung des Lenkungskreises zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit als beratendes Gremium hat am 29. März 2023 stattgefunden. Als Organisation von Wohnungslosigkeit betroffener ist die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) im Gremium vertreten.

2023_04_26_Caren_Lay_REgGremien_Wohnungslosigkeit.pdf

So bedeutsam die BAG Wohnungslosenhilfe in diesem Zusammenhang auch ist, sie ist (wie ihr Name ja schon sagt) in erster Linie die Lobby der Wohnungslosenhilfe und, wenn überhaupt, nur mittelbar eine Interessenvertretung für wohnungslose Menschen selbst.

Wohnungslose Menschen in den Lenkungskreis zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit einbeziehen

Warum also ist eine direkte Beteiligung wohnungsloser Menschen im Lenkungskreis zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit wichtig?

Menschen mit Wohnungslosigkeitserfahrungen bringen wichtige Perspektiven und Vorstellungen ein, wie Wohnunglosigkeit überwunden und welches die dringendsten ersten Schritte sein könnten.

Sie wissen, wie das Leben auf der Straße aussieht, sie kennen die angebotenen Notunterkünfte und Hilfeangebote, und sie wissen sehr genau, welche HIndernisse, Hürden und Schwierigkeiten bestehen, um aus der Wohnungsosigkeit herauszukommen. Darüber hinaus können sie formulieren, welche Vorstellungen und Erwartungen sie in Bezug auf die Umsetzung des Menschenrechts auf Wohnung haben und wie genau ihre Vorstellungen in Bezug auf Wohnen aussehen. Nicht wenige wohnungslose Menschen formulieren den Wunsch nach Anerkennung und Unterstützung ihrer Bedürfnisse nach selbstbestimmten und/ oder alternativen Wohnformen. 

Aus diesen Gründen wäre es dringlich geboten, dass das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen den Lenkungskreis zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit durch eine Gruppe von Menschen mit unterschiedlichen Wohnungslosigkeitserfahrungen (5 Menschen oder mehr) erweitert.

Vielfalt wohnungsloser Expertise sichtbar machen

Warum sollte gleich eine ganze Gruppe wohnungsloser Menschen im Lenkungskreis zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit vertreten sein?

Zahlreiche Netzwerktreffen wohnungsloser Menschen der letzten Jahre haben gezeigt:

Wohnungslose Menschen sind nicht eine homogene Einheit, sondern es wird eine Vielfalt von Lebenlagen, Biografien und Perspektiven sichtbar. Darüber hinaus ist die Lebenssituation wohnungsloser Menschen alles andere als stabil.

Der Alltag von Menschen, die keine Wohnung mehr haben, ist gefüllt von der Sorge und der Arbeit, alles Lebensnotwendige umständlich organisieren zu müssen. Das ist nicht immer planbar und vorhersehbar.

Und schließlich drittens ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass wohnungslose Menschen geübte Lobbyist:innen sind. Sie sind Expert:innen in eigener Sache und brauchen ihre Zeit und den Austausch untereinander, um ihre Interessen zu vertreten.

Aus diesen Gründen bitten wir die Ministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Clara Geywitz (SPD) den Lenkungskreis zum Nationalen Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit um eine angemessene Anzahl wohnungslosigkeitserfahrener Menschen zu erweitern.

Gerne gehen wir in einen Dialog mit der Ministerin, wie konkret unsere Anregung umsetzt werden können. Wir stehen in Kontakt mit zahlreichen Gruppen und Initiativen wohnungsloser Menschen.

Freundliche Grüße,

Stefan Schneider

Solidarische Hinweise